Mit einem Plädoyer für die Unordnung verabschiedete Prof. Holger Felten die diesjährigen Absolventinnen und Absolventen. Bei der festlichen Eröffnung ihrer Ausstellung in der Aula der Hochschule gab am gestrigen Abend der Präsident der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg den KünstlerInnen den Rat mit auf den Weg: „Bewahrt euch die Unordnung!“ Auch wenn der Kunstbetrieb und seine Funktionsformen als Teil des Systems die Einfügung in vorgegebene Strukturen verlangt, darf im Atelier das unangepasste Chaos regieren. Aus Ungeordnetem könne Neues erwachsen.
Nach dem dröhnend-drastischen Auftritt der Band Ambiviolence wurden die AbsolventInnenpreise von der Jury verliehen. Amely Deiss vom Kunstpalais Erlangen, Valérie Knoll von der Kunsthalle Bern und Christian Kobald von Spike Art Quarterly aus Berlin/ Wien entschieden sich dazu, gleichwertig dotierte Preise an vier künstlerische Positionen zu vergeben. Cosima Bauer aus der Klasse für Freie Malerei & Kunsterziehung von Prof. Michael Munding und Lauritz Dommer aus der Klasse für Freie Kunst & Kunstpädagogik von Prof. Jochen Flinzer wurden geehrt. Außerdem erhielten Marius Meusch aus der Klasse für Bildhauerei von Prof. Michael Stevenson und Julia Werner aus der Klasse für Freie Kunst mit Schwerpunkt Malerei von Prof. Michael Hakimi AbsolventInnenpreise.
Die Jury begründete ihre Entscheidung mit folgenden Worten:
"Uns beeindruckte die sehr malerische Video-Rauminstallation mit textiler und dennoch geometrischer Ausrichtung von Cosima Bauer, in der sich Farbe, Licht und Schatten überlagerten. Überzeugt hat uns der Mut zu einer kontemplativen Arbeit und die Großzügigkeit im Umgang mit dem Körper der BetrachterInnen.
Badén von Lauritz Dommer aus dem Jahr 2017 handelt von einem Rinnsal am Straßenrand in einer kleinen kubanischen Stadt, mit einer Erzählstimme und einem Kommentar, der auch dem Nil oder dem Amazonas gerecht würde. Die Videoarbeit ist eine Übersetzung der Genregesetze des Fernseh-Dokumentarfilms, die die Ästhetik des Genres freilegt, ihr folgt und sie andererseits bricht. Nicht nur das Rinnsal ist Protagonist des Films, sondern auch die Bewohner des Stadtviertels, die in ein Gespräch zu Flora und Fauna verwickelt werden. Das Unausgesprochene zu den Lebensbedingungen am eigentlich ja ekelerregenden Rinnsal spricht mit.
Ähnlich wie bei Lauritz Dommer geht es bei Marius Meusch auch um das Zeigen des Unscheinbaren und das Zeigen des Zeigens. So geraten die Display-Dispositive in den Mittelpunkt. Die fragile Patina lässt einem nach einer erzählerischen Klammer suchen - eine Ordnung ohne erkennbar Geordnetes. Überall im Raum entdeckt man weitere Details. Nichts ist dem Zufall überlassen, nicht mal der tropfende Wasserhahn.
Julia Werner stellt Arbeiten der letzten 5 Jahre souverän in einen neuen räumlichen Zusammenhang: Roboterstaubsauger, die zwecklos umherfahren; ein tanzendes Regal mit sich in Petrischalen befindlichen Bakterienproben anderer Arbeiten; eine geodätische Struktur, die wie ein Zelt über einen drapierten Schlafsack sich aufspannt und an der eine zähflüssige Substanz heruntertropft. Werner knüpft mit einer Selbstverständlichkeit an Spielarten der Post-Internet-Ästhetik an und erzeugt damit eine Atmosphäre, die Fremdheit im eigenen Leben aufscheinen lässt."
Die AbsolventInnenausstellung 2018 ist bis Sonntag, den 21. Oktober auf dem Campus der AdBK Nürnberg zu sehen. Geöffnet ist sie von 14 bis 19 Uhr.