Die Klasse ist ein Experimentierfeld, in dem wir offen sind für die unvorhersehbaren Prozesse, die durch die gemeinsame Auseinandersetzung entstehen. Weniger Themen oder Medien, sondern Methoden und Möglichkeiten des eigenen Tuns stehen zur Diskussion. Der künstlerische Prozess der Teilnehmer:innen steht im Mittelpunkt der Auseinandersetzung und ist Ausgangspunkt für die gemeinsame Arbeit. Vermittlung wird in unserer Klasse als Teil des künstlerischen Projekts verstanden. Statt die Vermittlung an Dritte zu delegieren, geht es darum, innerhalb der eigenen Praxis Methoden und Formate zu entwickeln, die auch vermittelnde Funktion übernehmen. Ausstellungen, die als Teil der künstlerischen Arbeit konzipiert werden, Publikationen wie Magazine, Bücher, Webseiten oder Lecture-Performances können als Medium einer selbstreflexiven Praxis fungieren.
Der je individuelle Prozess der Teilnehmer:innen ist Ausgangspunkt für die Handlungen, die Themen und die Diskurse in der Klasse. Da unsere Erfahrungen immer in einem sozialen, politischen und (kunst)historischen Kontext stattfinden, geht es auch darum, diese–das eigene Handeln umrahmende–Kontexte in das Blickfeld zu nehmen und zu befragen. An welchen Stellen werden die eigenen Routinen irritiert? Was sind die Triggerpunkte und warum sind es gerade diese? Gesicherte Routinen sind wichtig für die gemeinsame Arbeit in der Klasse und doch gilt es, diese immer wieder neu zu befragen. Wir lesen Texte, die uns helfen,unsere Kunstpraxis zu verorten und unser Sprechen zu sensibilisieren. Zur Zeit begleitet uns z.B. die Lektüre How to Make Art at the End of the World von Natalie Loveless, die uns ermutigt, Geschichte(n) anders zu erzählen.
Wir bilden uns miteinander und aneinander. Dies ist eine fundamental andere Art des Lernens, als etwas beigebracht zu bekommen. Unsere gemeinsame Auseinandersetzung in der Klasse lässt Unterschiede zur Sprache kommen und gibt die Möglichkeit, in–und phasenweise auch mit–der Gruppe eine je eigene Praxis zu entwickeln. Wie können wir Unterschiede aushalten und in eine produktive Vielstimmigkeit überführen? Um möglichst diverse Perspektiven zu versammeln und eine möglichst gleichberechtigte Gesprächskultur zu fördern, ist es notwendig, das gemeinsame Sprechen immer wieder in den Blick zu nehmen. Aktuell nutzen wir z.B. Aspekte der Feedback-Methode des Das Arts Institute als eine Möglichkeit, Gespräche über künstlerische Arbeiten in der Gruppe so zu strukturieren, dass viele Stimmen zu Wort kommen können.
Samuel Fischer-Glaser
Künstlerischer Assistent / Freie Kunst und Kunstpädagogik
Pavillon 16
fischer-glaser@adbk-nuernberg.de