Die beschleunigte, beinahe invasiv zu nennende Verbreitung neu entstehender, künstlerischer Trends sowie deren umgehende Rezeption und Transformation manifestieren sich – als Folge der immer stärker vernetzten Informationsgesellschaft – nicht nur in den Bereichen der Kunst, der Musik und des Films. Katalysiert durch die omnipräsente Werbung vermischen sich dabei kulturelle, soziale und ökonomische Tendenzen auf komplexe Weise und bedingen sich gegenseitig.
Diese Phänomene zu analysieren und ihre Wurzeln aufzudecken, ist von grundlegender Bedeutung, um zu eigenen reflektierten und strukturierten ästhetischen Einschätzungen zu gelangen. Hierzu müssen im Rahmen der Ausbildung historische, philosophische und gesellschaftstheoretische Grundlagen vermittelt werden, um wiederkehrende Strukturen menschlichen Strebens in Zeit und Raum zu erkennen und daraus Schlüsse ziehen zu können. Systemanalyse wird dabei auch zur Strategie, differente künstlerische Fragestellungen effektiv zu platzieren.
Weil ästhetisches Tun neben Analyse und theoretischer Positionierung stets auch die Visualisierung der eigenen Vorstellung beinhaltet, ist nicht zuletzt das Verständnis von Wahrnehmung und deren Wirkweise von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Nicht allein im passiven Sinne ist es für den Künstler von Wichtigkeit, sondern mehr noch als Anwendung innerhalb der eigenen künstlerischen Gestaltung, die als Schnittstelle zwischen Ich und Welt kommunikative Funktion einnimmt.
Ein Schwerpunkt der Ausbildung liegt auf der Erforschung der Ausdrucksmöglichkeiten, die die neuen Medien bereithalten. Sie als Gestaltungsmittel unvoreingenommen in künstlerische Prozesse einzubinden, ihre Potentiale und Grenzen zu erforschen, ohne als "User" in unreflektierter Anwendermentalität zu verharren, muss hierbei der Anspruch sein. Nicht nur die technikbasierten Ausformungen, auch Installation, Performance oder gesellschaftliche Recherche sind in der aktuellen Kunst Handlungs- und Verhandlungsfelder, in denen eine emanzipierte Künstlerpersönlichkeit Position zu beziehen hat.
Durch die Vielzahl unterschiedlicher Forschungsansätze der einzelnen Klassenmitglieder, deren Ergebnisse gemeinsam untersucht werden, findet - wöchentlich neu - in kritischer und dialogischer Auseinandersetzung eine Nachjustierung der eigenen Kenntnisse und Positionierungen statt. Beim Sprechen über Kunst ist es erklärtermaßen nicht die leichteste Übung, die Komplexität und Verdichtung ästhetischer Bezüge, die einem Kunstwerk eigen sind, in folgerichtige Formulierungen zu übersetzen.
Das Studium an einer Kunstakademie ist in hohem Maße ein Selbststudium. Der Einzelne ist veranlasst, quasiphilosophisch einen Zugriff auf die Welt zu leisten und diesen zu visualisieren. Gleichwohl ist künstlerische Arbeit zunehmend vom Diskurs geprägt.
Lernen in und durch unterschiedliche Gruppen und Konstellationen, Auseinandersetzung mit verschiedensten Rollen, Orten und ästhetischen Fragestellungen (Wettbewerbe, Ausstellungen, Projekte, Aufträge) werden im Studium zu Anforderungen, denen sich jede/r Studierende auf ihre/seine persönliche Weise zu stellen hat. Nicht ohne Grund ist das Klassenprinzip eine der schützenswertesten Lern- und Forschungsstrukturen der Kunsthochschulen. In einem Verband, der während des gesamten Studiums Integrationsmöglichkeit, Diskursfeld und Schutzraum bietet, bleibt weiterhin -entgegen einer fragwürdigen Effizienzaffinität in anderen Ausbildungsinstitutionen, die mit immer hektischer rhythmisierten Ausbildungssequenzen verbunden ist, - die inhaltliche Qualität der Maßstab der Auseinandersetzung.
Gemeinsame Ausstellungsbesuche konfrontieren den Einzelnen und seine Arbeit mit anderen Orientierungen und Lösungen.
Das Kuratieren von Positionen künstlerischer Weggefährt:innen, das Konzipieren von Ausstellungsprojekten erweitert das Repertoire künstlerischer Kommunikationsmöglichkeiten.
Künstler:innen als Kurator:innen, Textschreiber:innen, Kommentator:innen und Einführungsredner:innen müssen nicht die Schwächung ihrer Rolle befürchten, sondern steigern über die Vermittlung eigener und fremder Kunst ihren persönlichen Reflexionsgrad. Die Kenntnis unterschiedlicher Vermittlungsmethoden als in Echtzeit zu bewältigende Versuchsaufbauten sind genuine Bereitstellungen insbesondere für Studierende der Kunstpädagogik. Die Fähigkeit von Künstler:innen und Kunstvermittler:innen, sich in "chaotischen Systemen" zu orientieren, wird nicht allein von Seiten der betriebs- und wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen beneidet. Auch der Anspruch künstlerischer Konzepte, auf gesellschaftliche und politische Bereiche gestalterisch einzuwirken, bedingt zunehmend interdisziplinäres Kooperieren mit Fachleuten kunstfremder Gattungen.
Dem Gestaltungswillen des jeweiligen Studierenden unterliegt es schließlich, die erworbenen Kenntnisse mit den selbst gemachten Erfahrungen in die eigene künstlerische Arbeit einfließen zu lassen, persönliche Gewichtungen vorzunehmen und diese eigenständig zu vertiefen.