Malerei ist nicht nur eine gestische Markierung auf einem Bildträger im Raum. Malerei bedeutet nicht nur das Medium Farbe und dessen Form. Malerei ist vor allem ein künstlerischer Prozess.
In einem Bild kann ablesbar sein, welche Inhalte zur Disposition gestellt werden; in welche künstlerischen Sprachen und Zeichen die Bildmarkierungen übersetzt sind; ob und wie sich die Malerei in ihrem gesellschaftlichen Umfeld verknüpft, welche Emotionen Einfluss nehmen und wie Farbe als visueller Eindruck des Lichts zum Ausdruck des komplexen Denkprozesses und der sinnlichen Wahrnehmung wird.
Erst durch die zeitliche Abfolge der malerischen Markierungen bilden diese Kernpunkte einen Prozess. Dabei ist jede dieser Markierungen vom kreativen und reflexiven Denken und der subjektiven Haltung des Künstlers oder der Künstlerin abhängig, deren persönliche Werte sich in Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt geformt haben.
Welche Bedeutung hat der malerische Prozess nun konkret für die Entstehung eines Bildes? Wie kann man heute beispielsweise noch Landschaftsbilder oder Porträts anfertigen, wenn unzählige künstlerische Ausdrucksformen (z.B. abstrakt, gegenständlich, etc.) sich bereits an diesen Sujets abgearbeitet haben? Welche Möglichkeiten werden beim Malen einer Landschaft oder einer Figur realisiert, die das Bild zu einem orts- und zeitspezifischen Kunstwerk werden lassen?
In meiner Klasse möchte ich die Fähigkeiten der Studierenden freisetzen, diesen spannenden, höchst offenen Entstehungsprozess von Malerei kennenzulernen und bewusst einzusetzen.
Durch die gemeinsame Analyse des Entstehungsprozesses der studentischen Werke, durch die Erkundung eigener formaler, medienspezifischer und inhaltlicher Interessen und Präferenzen, durch das Erlernen von und das Experimentieren mit malerischen Techniken und Ausdrucksweisen und durch das Weiterentwickeln des Begriffs ‚Malerei’ in den Dimensionen der heutigen realen und virtuellen Welt soll in der Klasse eine Plattform entstehen, in der nicht nur das fertige Bild das Produkt des malerischen Schaffens ist, sondern vor allen Dingen auch die Diskussion, die sich an diesem Bild entzündet.
Bei unseren Klassenbesprechungen werden regelmäßig die Werke der Studierenden in simulierten Ausstellungssituationen in unseren Räumen gezeigt und unter Einbeziehung künstlerischer Strategien, kunsthistorischer und zeitgenössischer Positionen sowie autobiografischer Texte diskutiert. Einzelgespräche dienen der gezielten Analyse der Arbeiten und geben wichtige Impulse für ihre Weiterentwicklung.
Ausstellungsprojekte, die Gestaltung der Klassen-Website (www.klasse-kuehn.de), eingeladene Künstlerpersönlichkeiten und Studienreisen vermitteln den Studierenden eine Grundlage, um über die Selbstinszenierung der eigenen Arbeit zu reflektieren und einen eigenen Weg zwischen sinnlicher Präsenz und intellektuellem Konzept zu finden.